Warum es keine "LGBTQIA+ Community" gibt
Und worin der gefährliche Unfug hinter dem queeren Buchstabensalat besteht.
Ich bin beileibe weder der erste noch der einzige Homosexuelle, der nichts vom queeren Buchstabensalat hält und der für eine Trennung der ersten drei Buchstaben vom Rest ist. Dennoch will ich hier kurz zusammenfassen, warum ich das so sehe.
Die ersten drei Buchstaben LGB stehen für Menschen, deren sexuelle Orientierung auf Menschen der eigenen Geschlechtskategorie (was man bisher allgemein unter “Geschlecht” verstand) gerichtet ist - bei Lesben und Schwulen exklusiv, bei den Bisexuellen inklusiv. Die L und G erfahren immer wieder Ablehnung durch andere, einfach auf Grund der Tatsache, dass sie homosexuell sind. Die B erfahren genauso Ablehnung - von Heterosexuellen aus denselben Gründen wie die Homosexuellen, auf der anderen Seite teilweise aber auch von den Homosexuellen (nach dem Motto: “die können sich nicht entscheiden”; als ob man das müsste/könnte!). Kurzum: die LGB haben wirkliche Gemeinsamkeiten, trotz aller Unterschiede.
Die Buchstaben T und Q wiederum behaupten überwiegend (zur Ausdifferenzierung von T komme ich weiter unten), dass es keine realen Geschlechtskategorien (Geschlechter) gebe bzw. dass diese nicht so relevant seien wie das “innere Gefühl” , die selbst proklamierte “Geschlechtsidentität”, oder das “Gender” einer Person. Die T und Q wollen uns weismachen, dass ein Penis nicht per se ein männliches Geschlechtsteil ist, sondern das Männer auch Vaginas haben können (oder Frauen auch Penisse). Die T und Q ziehen damit den LGB den Boden der Realität unter den Füßen weg: wenn zwei Menschen mit Penis miteinander Sex haben, ist es aus Lesart der T und Q möglich, dass es sich hierbei um Mann und Frau (also eine heterosexuelle Verbindung), Mann und Mann (eine schwule Verbindung), oder aber auch um Frau und Frau (eine lesbische Verbindung) handelt. Es könnte auch keine dieser drei Möglichkeiten sein, da manche sich ja auch als “nicht-binär” bezeichnen und behaupten, sie hätten mit dem Mann- oder Frausein überhaupt nichts zu tun. Es ist also schlichtweg von außen nicht zu sagen, da es in der Logik der T und Q auf das Innere der Beteiligten ankommt. Da diese innere “Geschlechtsidentität” angeblich zudem fluid sein und sich nahezu beliebig schnell ändern können soll, könne sich die Sachlage je nachdem ohnehin grundsätzlich ändern. Die T und Q werfen den LGB zudem vor, problematische Genitalpräferenzen bzw. “gestrige” oder “rechtskonservative” Vorstellungen von Geschlecht und Sexualität zu haben. LGB sind in den Augen von T und Q transphob und problematisch.
Hier möchte ich darüber hinaus anbringen, das T in sich schon keine homogene Kategorie darstellt. Hinter dem T verbergen sich nicht nur Transsexuelle, wie sie bislang verstanden wurden (Menschen mit dem Wunsch, der anderen Geschlechtskategorie anzugehören, bei entsprechendem psychischen Leidensdruck, was immer die genaue Ursache im Individuum dafür sein mag), sondern auch sogenannte transgender Personen (also solche, die lediglich ein Problem mit “Gender” haben, nicht mit ihrer Geschlechtskategorie), oder auch einfache Transvestiten sowie insbesondere autogynephile Männer (Männer, die es sexuell erregend finden, sich selbst als Frau vorzustellen, sich wie eine stereotype Vorstellung von Frau zu kleiden und zu verhalten, von anderen als Frau wahrgenommen zu werden, bis hin zu der besonderen Erregung, als Frau sexuell objektifiziert zu werden). Der Buchstabe T in sich ist also bereits eine Mischung aus ganz unterschiedlichen Kategorien, die teilweise wiederum nichts miteinander zu tun haben. Das ist etwas für ein späteres Posting.
Unter dem Buchstaben I werden Menschen mit den unterschiedlichen Varianten der Geschlechtsentwicklung zusammengefasst. Auch hierüber werde ich zu einem anderen Zeitpunkt etwas schreiben. Nur kurz gesagt: es werden meiner derzeitigen Kenntnis nach über 40 verschiedene Varianten der Geschlechtsentwicklung unterschieden, die grob 0,02% der Bevölkerung betreffen. Es handelt sich bei diesen Menschen um Männer und Frauen, die auf Grund der Entwicklung, die ihr Körper genommen hat, ganz unterschiedliche Herausforderungen im Leben haben und ganz unterschiedliche medizinische oder psycho-soziale Bedürfnisse. Diese in einer Gruppe zusammenzufassen ergibt relativ wenig Sinn. Zumal sie mit dem Rest der Buchstaben nichts gemein haben - es sei denn, sie seien im Einzelfall auch LGB.
Spannend wird es bei A und +. Während A wahlweise für “asexuelle” oder “agender” Personen steht (was wiederum schon zwei ganz unterschiedliche Kategorien sind), ist das + ganz bewusst nach allen Seiten offen und anschlussfähig gestaltet. Daher findet man hier, wenn man z.B. auf Twitter genau aufpasst, auch alle möglichen ethisch und moralisch abzulehnenden Strömungen darunter, insbesondere Zoophilie oder auch Pädophilie (beides nach WHO Störungen der Sexualpräferenz). Letztgenannte Gruppe firmiert neuerdings gerne unter dem euphemistisch verklärenden Begriff der “Minor Attracted Peoples”.
Diese Gruppenzusammensetzung, insbesondere die Öffnung der Gruppierung mittels + ist für die LGB gefährlich, denn Lesben, Schwule und Bisexuelle drohen in der öffentlichen Wahrnehmung mit Fetischen, Kinks, und verschiedenen Störungen der Sexualpräferenz oder auch Persönlichkeitsstörungen in Verbindung gebracht zu werden. Ich formuliere das jetzt bewusst salopp: hier droht jahrzehntelange “Basisarbeit” von normalen Homosexuellen wie mir in kurzer Zeit kaputtgemacht zu werden. Für viele Menschen in meinem Umfeld bin ich der einzige Homosexuelle, den sie kennen bzw. mit dem sie regelmäßig persönlichen Kontakt haben. Oft genug habe ich von diesen Menschen gehört, dass sie durch mich plastisch vor Augen geführt bekommen haben, dass nicht alle Schwulen so sind, wie man das aus dem Fernsehen oder aus der beiläufigen Beobachtung in der Großstadt vielleicht kennt. Ich kann mit dem Begriff “schwul” halt auch relativ wenig anfangen - wobei ich gar nicht von mir weise, dass das ein oder andere Klischee doch zutrifft (stereotype accuracy is a bitch).
Kurzum: ich sehe in der zwanghaften Vereinnahmung von LGB in den queeren Buchstabensalat - oder vielmehr: darin, wie sich andere Gruppierungen an die berechtigten Anliegen und die erfolgreiche soziale Bewegung der LGB angezeckt haben - erhebliche Gefahren, gegen die wir LGB aktiv angehen müssen. Das ist mit einer der Gründe, warum ich mich zu diesem Thema online wie offline äußere. Und das ist, warum ich dankbar bin, dass es seit einiger Zeit die LGB Alliance Deutschland gibt.