Zuletzt wurde auf Twitter wieder der Satz “Trans Frauen sind Frauen” geäußert. Betrachten wir diese Aussage einmal genauer.
Soll damit gesagt werden, das “Trans Frauen” identisch sind mit “Frauen”? Dann müsste auch der Umkehrschluss gelten: “Frauen sind Transfrauen”. Das erscheint mir wenig einsichtig.
Vielleicht soll damit aber formuliert werden, dass es eine Kategorie “Frauen” gibt, die sowohl “trans Frauen” beinhaltet, als auch jene Menschen, die wir ursprünglich als “Frauen” bezeichnet haben. Das wäre dann der Fall, wenn “trans Frauen” zumindest eine so große Ähnlichkeit mit “Frauen” hätten, dass die Zusammenlegung für bestimmte Betrachtungen einen Sinn ergibt (so wie Katzen und Menschen beide Säugetiere sind, aber natürlich nicht identische Lebewesen).
Das würde aber eben die zuletzt genannte Gruppe lediglich zu einer Untergruppe von “Frauen” machen - was sprachlich ja auch mit “cis Frauen” so ausgedrückt wird. Analoges gilt natürlich auch für “Männer”, da auch hier zwischen “cis” und “trans” Männern unterschieden wird, die allesamt “Männer” sind.
Diese absolute Gleichheit oder auch die Ähnlichkeit kann nicht an körperlichen Merkmalen liegen (was ja auch oft behauptet wird), denn ansonsten bräuchte es weder “geschlechtsangleichende” Operationen, noch Pubertätshemmer für Minderjährige, keine Brust-Operationen (entweder deren Entfernung, oder deren künstliche Anlegung), keine “Neo-Penisse” und keine “Neo-Vaginen”. Manchen sind diese Dinge allerdings sehr wichtig (jemand, der unter Geschlechtsdysphorie/Körperdysphorie leidet, wird es anstreben, seinen Körper dem angestrebten äußerlichen Erscheinungsbild des anderen Geschlechts anzugleichen; ansonsten gäbe es diese ganzen Operationen und Behandlungsmethoden ja alle nicht), andere wiederum sagen, sie bräuchten das alles nicht, um wirklich “trans” zu sein (nach dem Motto: “Aber ein Penis ist nun mal nicht per se ein männliches Genital. Es gibt halt auch Frauen, die einen Penis haben. Und es gibt Männer, die können ein Kind gebären. Und das ist unser gutes Recht.” und “Welches Geschlecht ein Mensch hat, kann kein Arzt von außen attestieren”). Manche trans Frauen behalten ihren Penis, lassen sich aber Brüste machen. Manche trans Männer behalten ihre Vulva, lassen sich aber die Brüste amputieren. Kurzum: hinsichtlich der Frage, ob körperliche Merkmale nun wichtig sind oder nicht, herrscht in Bezug auf den Begriff “trans” keinerlei Einheitlichkeit. “Trans” ist ein Sammelbegriff, der keinen wirklichen Erklärungswert besitzt.
Das wiederum impliziert, “trans” müsse etwas geistiges sein, vielleicht sogar etwas seelisches. Das wird ja auch hier von Georgine Kellermann so gesagt. Gibt es also sowas wie “geistige Gleichheit” oder “Seelengleichheit” zwischen “trans Frauen” und “Frauen”? Sind “trans Frauen” also “Frauen” im falschen Körper? Was genau sind dann diese “Frauen”? Eine bestimmte Art von “Seele”? Woran macht man das fest?
Ich kenne keine wissenschaftliche Evidenz für das Vorhandensein von etwas, was man “Seele” nennen könnte. Durch die Aktivität und Organisation unseres Körpers, insbesondere des Gehirns, entsteht das, was wir “Bewusstsein” nennen. Dieses entwickelt sich von Anfang an über die Entwicklung des Körpers und durch seine vielfältigen Interaktionen mit der Umwelt. Körper und Geist sind eins. Ein guter Hinweis ist hier zum Beispiel, dass es etliche Substanzen gibt, die sich auf die Aktivität des Gehirns auswirken, was wiederum als “Bewusstseinsveränderung” wahrgenommen wird.
Unser Gehirn verändert sich ständig, z.B. wenn wir etwas Neues lernen, ein Gewohnheit entwickeln die “zur zweiten Natur” wird, wenn traumatische Erlebnisse gemacht werden. Dann ändern sich Strukturen im Gehirn, auch dauerhaft. Da wir die Welt nur über unseren Körper erfahren, sind Geist und Körper nicht zu trennen.
Wie konkret Bewusstsein entsteht und was es genau ist, wissen wir noch gar nicht so genau und werden wir vielleicht auch nie herausfinden. Geist und Körper zu trennen erscheint mir allerdings auf Basis des derzeitigen Wissensstandes grober Unfug. Insofern kann es auch keine “Frauenseele” geben, die im falschen Körper steckt.
Was bleibt übrig? Verhalten? Kleidung? Charaktereigenschaften? Diese einem bestimmten Geschlecht zuzuordnen bzw. zu sagen, “Du spielst mit Puppen, also bist Du ein Mädchen”, “Ich trage gerne Kleider, also bin ich eine Frau”, “Ich spiele gerne mit anderen Jungs Fussball, also bin ich ein Junge” ist zutiefst sexistisch. Es begrenzt das Ausleben von Individualität auf Stereotype und pathologisiert all jene Menschen, die nicht den Vorstellungen des Typus entsprechen. Ein gutes Beispiel hierfür ist Susan Green:
Transgender: a mother’s story | Susie Green | TEDxTruro - YouTube
Das geben jene, die “Trans Frauen sind Frauen” sagen, natürlich nicht zu. Auf die Frage hin, was “Frauen” denn sind, bekommt man in der Regel keine kohärente Antwort, wenn man denn überhaupt eine Antwort bekommt. Oder es wird darauf rekurriert, dass es eben sowas wie “Genderidentitäten” gibt, wobei es auch hier keinerlei klare Definition oder Evidenz gibt, noch eine objektive Feststellbarkeit.
Fazit für mich:
“Trans Frauen sind Frauen” ist ein menschenverachtendes (insbesondere misogynes und homophobes) Mantra einer neuen Pseudo-Religion.
Sehr gut formuliert und aufgedröselt 👏🏽
Es ist eine Ideologie, ein Kult, der mit der Realität beiweilen nichts mehr zu tun hat, und paradoxerweise droht, genau diese vollkommen auf den Kopf zu stellen:
https://twoplustwo.substack.com/p/ich-identifiziere-mich-also-bin-ich
Es gibt zahllose Hinweise darauf, wie eng Körper und Geist zusammenhängen. Die Sprache weiß es. Wenn wir sagen, wir begreifen etwas, so steckt da die haptische Erfahrung des Greifens drin. Es würde mich interessieren, wie sich das biologisch begründen lässt.
Nur scheint es sich nicht um eine sehr monolithische Einheit zu handeln, denn das Verhältnis zwischen Körper und Geist ist ja auch konflikt- und störanfällig, und deswegen brauchen wir Kultur und haben diese ganzen Probleme mit ihr. Dennoch gibt es keine vom Körper unabhängige geistige Ebene. Alles, was wir tun, auch denken, tun wir als körperliche Wesen.
Ich möchte noch auf einen hochinteressanten Essay eines jungen männlichen Detransitioners verweisen. Er handelt von der Dreiheit Körper Geist und Seele. Auch für Limpida ist die Physiologie grundlegend.
Die Seele lässt er nicht außen vor, und er liefert eine sehr interessante und anrührende Definition: „The soul is the social body’s collective memory; it exists inside us and inside everyone we’ve ever touched, no matter how briefly, no matter whether they even remember our impact.“
https://strigoi.substack.com/p/spiritual-assault
Limpida denkt, dass die Seele nichts Übergeschlechtliches ist. Seine Begründung ist einleuchtend. Und er meint es ganz anders als Kellermann und Friends.
Das ist ein interessanter junger Denker. Sehr provozierend. Fordert allgemein beliebte Denkmuster in die Schranken, zum Beispiel die Verherrlichung von Gender-Nonkonformität: „Accepting reality does mean accepting stereotypes.“
https://strigoi.substack.com/p/gender-nonconformity-will-not-save
Ich denk mir dann immer: Nur immer her mit den Provokationen. Limpida lesen lohnt sich.